Einblick

Das Recht auf ein gutes Leben

Ein junger Mann lächelt in die Kamera

Zwei Wochen vor seiner Abiturfeier stand für den Albaner Klaurent Ruci fest: Er will nach Deutschland. Also kaufte sich der damals 18-Jährige ein Busticket von Albanien nach Italien und machte sich weiter auf den Weg nach Deutschland. Er kam in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften unter, erst in Frankfurt, Dortmund und Paderborn. Schlussendlich landete er in Köln, wo er dann blieb. Heute ist er 22 Jahre alt, macht seine Ausbildung zum Altenpfleger und lebt in seinem ersten eigenen Apartment. „Ich möchte ein gutes Leben führen, darum bin ich nach Deutschland gekommen“, sagt Klaurent Ruci.

Wenn er zur Arbeit geht, hat er es nicht weit. Sein Apartment liegt direkt neben dem Bodelschwingh-Haus, einer Senioreneinrichtung in Köln-Mülheim, in der 80 ältere Menschen in Wohngemeinschaften leben. Die Ausbildung zum Altenpfleger begann er 2017. Er hätte vor einem Jahr nicht gedacht, dass ihn diese Arbeit so aufblühen lässt. „Als ich 2017 mein einwöchiges Praktikum in einer Senioreneinrichtung in Köln-Rodenkirchen gemacht habe, da sprach ich noch kaum ein Wort Deutsch. Das ist jetzt nicht mehr so“, sagt er. Damals war er noch schüchtern und schämte sich für die fehlenden Sprachkenntnisse. Daher wollte er sich weder mit den Kollegen noch mit den Bewohnern unterhalten. Aber er wurde immer wieder motiviert zu sprechen und wurde in Gespräche verwickelt. So klappte die Verständigung mit der Zeit immer besser.

„Ich wollte schnell Deutsch lernen“

Ruci selbst bereiteten die fehlenden Sprachkenntnisse seit der Ankunft in Deutschland große Sorge. Denn die Teilnahme an Integrationskursen ist nur für geflüchtete Menschen aus Eritrea, Irak, Iran, Syrien und Somalia kostenlos. Das nötige Geld, um an einem Sprachkurs teilzunehmen, hatte er nicht. Klaurent Ruci wollte sich allerdings damit nicht zufrieden geben. Er machte sich auf die Suche nach kostenlosen Möglichkeiten. „Ich ging zu einer Kölner Realschule und habe nachgefragt, ob ich dort Deutsch lernen könnte“, sagt der 22-Jährige. Die Schule ermöglichte ihm für ein halbes Jahr die Teilnahme an einigen Fächern und er konnte sich aktiv am Unterricht beteiligen.

Ich ging zu einer Kölner Realschule und habe nachgefragt, ob ich dort Deutsch lernen könnte.

Klaurent Ruci

Auch in der Kölner Flüchtlingsunterkunft, in der er in Köln untergebracht war, nahm er regelmäßig an den angebotenen Sprachkursen teil, die von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleitet wurden. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin erkannte das Talent und den Ehrgeiz des jungen Albaners und unterstützte ihn dann auch außerhalb des Unterrichts.

Eine Ausbildung mit Perspektive

Sie hatte auch die Idee, dass er eine Ausbildung am Fachseminar für Altenpflege in Michaelshoven beginnen solle, um eine gesicherte Zukunft in Deutschland zu haben. Er bestand den Einstellungstest an der Schule mit Bravour. Dann benötigte es viel Einsatz der Schulleiterin des Fachseminars, damit er die erforderlichen Papiere von der Ausländerbehörde erhielt, um die Ausbildung beginnen zu können. Der Einsatz hatte sich gelohnt, denn es klappte schließlich mit der Arbeitserlaubnis. Für die Senioreneinrichtung in Köln-Mülheim ist Klaurent Ruci eine große Bereicherung. Mit seiner hilfsbereiten Art und seinem höflichen Umgang kommt er bei den Senioren und seinen Kollegen sehr gut an.  

Ein junger Mann steht auf einem Weg zwischen Häusern
Klaurent Ruci im Hof des Bodelschwingh-Hauses

Die Ausbildung zum Altenpfleger erfüllt den 22-Jährigen, der keine Berührungsängste hat und seinen Job sehr souverän durchführt. „Wir werden auch irgendwann alt sein, also müssen wir helfen“, erklärt er. Neugierige Fragen bekommt er immer wieder von den Senioren und Seniorinnen gestellt, wie es denn in Albanien sei, ob denn dort noch Krieg geführt wird oder wo das Land überhaupt liegt. Dabei denkt er immer wieder an seine Familie, die er seit dreieinhalb Jahren nicht mehr gesehen hat.

Wir werden auch irgendwann alt sein, also müssen wir helfen.

Klaurent Ruci

Heimweh nach seiner Familie

„Wir skypen jeden Tag. Manchmal auch mehrmals“, sagt er. Besonders seinen jüngeren Bruder vermisst er, der dieses Jahr eingeschult wurde. Er ist froh, dass er in Köln Freunde gefunden hat, mit denen er seine Freizeit verbringen kann. Das lenkt von seinem Heimweh ab. Auch die Arbeit gibt ihm Stabilität und motiviert ihn weiterzumachen. Denn dort bekommt er das Gefühl, gebraucht zu werden und einer sinnvollen Arbeit nachzugehen. Er kann sich vorstellen, nach seiner Ausbildung zu studieren und eine leitende Funktion zu übernehmen. Seine Kollegen und Kolleginnen und auch die Bewohner und Bewohnerinnen, die ihn ins Herz geschlossen haben, unterstützen sein Vorhaben.

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