Selbstbestimmt leben - 20 Jahre Begleitete Elternschaft
In der begleiteten Elternschaft werden Eltern mit Lernschwierigkeiten oder geistiger Behinderung unterstützt. Sie sollen ein möglichst selbstbestimmtes Leben als werdende Mutter/Eltern führen können. 2020 hätte es eine große Jubiläumsfeier gegeben, die aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht stattfinden kann. Wir wollten von Teamleiterin Jutta Becker wissen, wie die aktuelle Situation ist.
Wie viele Jahre gibt es die Begleitete Elternschaft?
Das Wohnprojekt Begleitete Elternschaft startete am 01.Mai 2000 mit einer Bewohnerin der WG Raben, die am 4.Mai einen Sohn zur Welt brachte. Wir bezogen eine Altbauwohnung an der Bergisch-Gladbacher-Str. in Holweide, machten dort unsere ersten Erfahrungen in der Begleitung von Eltern mit Lernschwierigkeiten. Im folgenden Jahr lebten dann bereits 3 Mütter mit ihren Kindern dort und es kamen nach und nach ambulante Begleitungen von Eltern mit Lernschwierigkeiten in Form von Sozialpädagogischen Familienhilfen in der eigenen Wohnung hinzu.
Wie viele Mitarbeiter arbeiten in der Begleiten Elternschaft und wie viele Bewohner*innen und Kinder sind aktuell in der Wohngruppe?
In der Wohngruppe arbeiten 14 Mitarbeiterinnen und es leben hier 8 Familien (alleinerziehend oder als Eltern gemeinsam), das ambulante Team besteht aus 4 Kolleginnen, die meist im Tandem 10 Familien betreuen.
Der Bedarf an stationären Wohnplätzen für Eltern mit Lernschwierigkeiten gemeinsam mit ihren Kindern steigt seit Jahren ständig an. Es gibt bundesweit nicht genug stationäre Wohnangebote für diese Zielgruppe.
Jutta Becker
Welche Entwicklung stellen Sie in Ihrer Arbeit fest? Was hat sich verändert in der ganzen Zeit?
Der Bedarf an stationären Wohnplätzen für Eltern mit Lernschwierigkeiten gemeinsam mit ihren Kindern steigt seit Jahren ständig an. Es gibt bundesweit nicht genug stationäre Wohnangebote für diese Zielgruppe.
In den ersten Jahren kamen die Mütter fast ausschließlich auf Veranlassung des Jugendamtes zu uns, um mit ihren Kindern zusammen leben zu können. Heute melden sich immer mehr Eltern selber beim Jugendamt oder direkt bei uns, um nach Unterstützung fragen. Sie sehen ihren Hilfebedarf und wünschen sich Begleitung, die sie dann natürlich viel besser annehmen und umsetzen als in einem Zwangssetting und unter Druck des Jugendamtes.
Welche Herausforderungen bringt die Corona-Krise mit sich?
Die gewohnte und oft mühsam erarbeitete Tagesstruktur mit Kind fällt weg, so dass wir intern den Tag strukturieren und auch Entlastungsmöglichkeiten für die Eltern organisieren. Die Kinder müssen weiterhin gut gefördert werden, auch wenn Therapien wie Ergo- und Physiotherapie oder auch Logopädie nicht stattfinden können.
Für die erwachsenen Bewohner*innen besteht der Bedarf, die Situation und ihre Auswirkungen in Verbindung mit den Maßnahmen im Wohngruppenalltag immer wieder zu erklären und in verständliche Sprache zu übersetzen. Daneben benötigen sie auch Auszeiten und Zeit für sich, die wir mit Hilfe eines Kinderbetreuungsplanes organisieren. Die Ausgangsbeschränkungen und das Besuchsverbot für Angehörige treffen sie hart und es fällt ihnen oft schwer die Entwicklungen nachzuvollziehen und zu akzeptieren. Alle gemeinsam versuchen wir unseren Humor nicht zu verlieren und so den „Lagerkoller“ zu verhindern.
Hier werden wir von zwei Mitarbeiter*innen aus den Kitas unterstützt, was eine große Entlastung, Sicherheit und Bereicherung für alle darstellt. Vielen Dank dafür an dieser Stelle! Außerdem ist die Betreuung der Kinder so auch für den Fall sichergestellt, dass ein Großteil des Teams erkrankt und ausfällt.
Wie geht es den Bewohnerinnen und den Kindern?
Es geht uns allen gut!
Welche Freizeitaktivitäten werden angeboten
Das wunderbare Wetter der vergangenen Wochen hat es ermöglicht, dass wir unseren Garten ganz viel nutzen. Meine Kolleginnen haben ihn gemeinsam mit den Bewohner*innen neu gestaltet: von Unkraut, Dornen und Gestrüpp befreit, ist er nun viel größer als vorher und bietet den Kindern neue Spielmöglichkeiten. Dabei wurden wir finanziell durch den Corona-Fonds unterstützt, vielen Dank an die Stiftung der Diakonie Michaelshoven!
Darüber hinaus bieten wir den Familien Einzelangebote an wie z.B. Spaziergänge am Rhein oder im Forstbotanischen Garten, gemeinsames Basteln und Malen oder auch sportliche Aktivitäten.
Die Jubiläumsfeier fällt aus, wird trotzdem in irgendeiner Form gefeiert?
Wir hoffen, dass wir das für den 10.Mai geplante Jubiläumsfest im Sommer noch nachfeiern können.
Alle gemeinsam versuchen wir unseren Humor nicht zu verlieren und so den „Lagerkoller“ zu verhindern.
Jutta Becker
Mehr Informationen zur Begleiteten Elternschaft und den Elternratgeber für Eltern mit Lernschwierigkeiten finden Sie hier.
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