Die Fastenzeit vor Ostern – oder: warum die Gans ein Fisch ist …!

Fastenzeit

„Nur zesamme sin mer Fastelovend!“ Das Motto der Karnevalssession 2020/21 zeigt nicht nur wunderschön das kölsche Lebensgefühl. Es beinhaltet auch den Begriff, der zeigt, woher der Karneval eigentlich seinen Namen hat: „Fastelovend“ – der Abend vor dem Fasten, vor der Fastenzeit. Und der Begriff „Karneval“ wird entsprechend von „carnelevale“ hergeleitet: das ist Mittellateinisch und bedeutet „Fleischwegnahme“ – denn im Mittelalter war es in der Fastenzeit üblich, kein Fleisch zu essen.

Ohne Fastenzeit kein Karneval: mit Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit, die erst in der Osternacht endet. Ehe die Zeit des Verzichts beginnt, wird ausgelassen gefeiert. Umso intensiver wird anschließend die Fastenzeit als Zeit der inneren Einkehr und der (religiösen) Neuausrichtung erlebbar.

Aber was bedeutet die Fastenzeit heute? Warum fasten Menschen überhaupt?

Klar ist: Fasten hat in seiner eigentlichen Bedeutung nichts mit Diäthalten zu tun und auch nichts mit körperlicher Gesundheit.

Die Fastenzeit vor Ostern ist ursprünglich eine Bußzeit – zur inneren Vorbereitung auf den höchsten christlichen Feiertag: Ostern, an dem der Auferstehung Jesu Christi gedacht wird. Übrigens war ursprünglich auch die Adventszeit eine Fastenzeit: zur Vorbereitung auf Weihnachten, das Geburtsfest Jesu. Das ist heute angesichts rauer Plätzchenmengen nicht mehr wirklich vorstellbar… Durch den Verzicht auf sinnliche Genüsse – so die religiöse Idee des Fastens bis heute – soll der oder die Fastende innerlich frei werden: sich konzentrieren auf Fragen nach Gott, nach dem Sinn des eigenen Lebens und sich öffnen für spirituelle Erfahrungen.

Im Mittelalter gab es strenge Fastenregeln. Verboten waren beispielsweise Fleisch- und Milchprodukte sowie Eier, die als „flüssiges Fleisch“ galten. Weswegen sie dann an Ostern massenhaft vorhanden waren und zum Bezahlen von Pachten oder einfach zum Verschenken genutzt wurden. Diesen Brauch gibt es bis heute!

Da Fleisch also verboten war, wurde vor allem Fisch gegessen. Immer schon wollten sich viele Menschen die Fastenzeit so angenehm wie möglich machen. Und so griffen sie immer wieder zu Tricks, um Fastenregeln zu umgehen. Eine Legende von Mönchen aus Bayern besagt, dass sie kurzerhand die Gans zu einem „Wassertier“, also den Fischen gleich, und damit zu einer Fastenspeise erklärten!

Wer heutzutage fasten möchte, findet viele Anregungen auch im Internet. Die evangelische Kirche stellt ihre Fastenaktion „7 Wochen ohne“ jedes Jahr unter ein neues Motto: 7 Wochen Ohne | (evangelisch.de).

Außerdem rufen viele evangelische Landeskirchen in diesem Jahr zu der Aktion „Klimafasten“ auf: es geht darum, bewusster zu leben und im Alltag mehr auf die Umwelt zu achten: Kirchen rufen ab Aschermittwoch zum „Klimafasten“ auf – EKD.

Verzichtet werden kann also auf vieles ganz Unterschiedliches: Süßigkeiten, Fleisch, Zigaretten, Plastik, das Auto oder den Fernseher. Immer kann ein solcher Verzicht in der Fastenzeit dazu anregen, sich seiner Gewohnheiten, auch Abhängigkeiten bewusst zu werden und neue Perspektiven und Gewohnheiten zu entwickeln. So ist die Fastenzeit auch heute noch eine Chance, sich auf Wesentliches zu besinnen und sich vorzubereiten auf die – auch in Corona-Zeiten – fröhliche Osterzeit im Frühjahr!

Mareike Carlitscheck
Referentin für Theologie und Kultur