Interview

Diagnose Krebs - Die Krebsberatungsstelle Köln unterstützt Betroffene und Angehörige in Michaelshoven

Die Diagnose Krebs stellt für Menschen eine einschneidende Veränderung in ihrem bisherigen Leben dar. Um in dieser herausfordernden Zeit, Unterstützung und Orientierung zu finden, bietet die Krebsberatungsstelle Köln nun auch im Kölner Süden am Standort Michaelshoven ihre kostenlose Beratung an. Anne Demir steht Betroffenen und Angehörigen in dieser schwierigen Zeit mit umfassenden Informationen und Beratung zur Seite.

Frau Demir, seit Januar bieten Sie die Krebsberatung nun auch am Standort Michaelshoven an. Wer kann die Beratung in Anspruch nehmen?

Die Beratung ist sowohl für Patientinnen und Patienten, Angehörige als auch für Menschen aus dem weiteren sozialen Umfeld der Betroffenen zugänglich. Dabei ist es unwesentlich, ob die Betroffenen sich gerade in Behandlung befinden, vor der Behandlung stehen oder die Behandlung bereits abgeschlossen ist.

Mit welchen Themen werden Sie bei der Krebsberatung konfrontiert?

Zum einen gibt es soziale Fragestellungen, wie z.B. „Habe ich Anspruch auf eine Rehabilitationsmaßnahme?“, „Welche Anträge muss ich ausfüllen?“, „Was bedeutet es, wenn ich mich in einer Chemotherapie befinde und alleinerziehend mit zwei Kindern bin?“ oder „Wo sollen die Kinder während meiner Behandlung sein?“. Zum anderen aber auch Themen, die die finanzielle Unterstützung betreffen, z.B. wenn das Krankengeld ausläuft. Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft das Arbeitsumfeld, z.B. „Welche Verpflichtungen und Rechte habe ich als Arbeitnehmer*in?“ und „Wie gestaltet sich die berufliche Wiedereingliederung?“. Oft kommen auch Fragen zu Pflegegraden, Palliativversorgung und Unterstützungsmöglichkeiten, die den Betroffenen und ihren Angehörigen oft nicht bekannt sind.

Der zweite Themenblock befasst sich mit dem psychologischen Aspekt. Unsere Beratungsstelle erhält viele Anfragen von Menschen, die unter psychischer Belastung aufgrund der Krebserkrankung leiden. Hier geht es um Existenzängste, Sinnfragen, Angst vor dem Tod, Sorgen und Ängste im Zusammenhang mit Behandlungen. Es geht auch um die Frage, wie man mit der Pflege zu Hause umgeht und welche Auswirkungen die Erkrankung auf die Beziehungen und das soziale System hat.

Sie bieten also sowohl soziale als auch psychologische Unterstützung an?

Ja, genau. Allerdings muss ich deutlich betonen, dass es sich hier nicht um Psychotherapie handelt. Dennoch haben viele Beratungen einen therapeutischen Aspekt, da es auch um psychologische Themen geht.

Können Sie uns etwas über die Herausforderungen erzählen, mit denen Sie in Ihren Beratungen konfrontiert werden?

Oft höre ich, dass Betroffene von anderen Menschen nicht verstanden werden. Obwohl sie wissen, dass sie für diese Menschen wichtig sind, spüren sie dennoch eine Distanz. Das belastet sie sehr, denn sie haben nicht die Kraft, Hilfe zu suchen oder darum zu bitten. Viele Angehörige haben Angst, etwas falsch zu machen. Manchmal entscheiden Sie sich dafür, nichts zu tun und sich ein wenig zurückzuziehen. Sie hoffen, dass die betroffene Person von selbst auf sie zukommt. In solchen Situationen dreht sich die Beratung oft um Kommunikationsthemen, nämlich wie man mit klarer Kommunikation und einfachen Mitteln etwas verbessern kann, sowohl für sich selbst als auch für das Umfeld.

Krebsberatung Köln Anne Demir Diakonie Michaelshoven
Anne Demir bietet ihre Beratungen im Hauptsitz der Diakonie Michaelshoven an.
Eine Beratung geht bis zu 50 Minuten und hängt immer vom Gesprächs- und Informationsbedarf ab.

Sie betrachten in den Beratungen also das gesamte soziale System?

Ja, definitiv. Wie wirkt sich die Krankheit auf Beziehungen, die Familie, beruflich oder den Freundeskreis aus? Schließlich sind all diese Bereiche eng miteinander verbunden. Manchmal handelt es sich sogar um so schwere Krankheiten, bei denen ungewiss ist, ob die Person überleben wird. Das sind Tabuthemen, über die es nicht leicht ist zu sprechen. Durch die Beratung bieten wir den Menschen einen geschützten Raum, in dem sie sich öffnen können. Die Patientinnen und Patienten wollen ihr Umfeld nicht belasten und sprechen deshalb nicht darüber. Umgekehrt möchten auch die Menschen im Umfeld sie nicht belasten. Das Gute ist, dass wir als Berater*innen neutral sind und keine Bewertungen abgeben. Die Beratungssituation bietet genau diesen Raum.

Was kostet die Beratung und wird die Krankenkasse darüber informiert?

Die Beratung ist kostenlos, die Krankenkasse wird nicht informiert. Es besteht die Möglichkeit, anonym beraten zu werden. Die Krebsberatung erhebt persönliche Daten nur nach vorheriger Einwilligung der Ratsuchenden. Die erhobenen Daten nutzen wir bei Einverständnis für die Dokumentation.

Wie oft kann man die Beratung in Anspruch nehmen?

Das hängt vom Bedarf meines Gegenübers ab. Es kann ein einmaliger Kontakt bleiben. Aber in der Regel ist es so, dass es mehrere Termine gibt. Es gibt Menschen, die wir in Krisenzeiten wöchentlich sehen. Eine Beratung geht bis zu 50 Minuten, diese müssen aber nicht voll in Anspruch genommen werden und hängen immer vom Gesprächs- und Informationsbedarf ab. Gemeinsam mit den Ratsuchenden versuchen wir, Lösungen zu finden. 

Wie gehen Sie vor, wenn der Bedarf über das hinausgeht, was Sie in der Beratung leisten können?

Wenn ich erkenne, dass sie möglicherweise einen größeren Bedarf haben, schlage ich vor, dass wir helfen, einen Platz für eine ambulante Psychotherapie zu finden. Ich unterstütze sie auch bei der Vermittlung und gebe Ratschläge, an wen sie sich am besten wenden können. Denn sobald es um psychische Krankheiten oder deren Entwicklung geht, übersteigt das definitiv den Rahmen einer Beratung. Wir überbrücken dann die Zeit bis zur Aufnahme einer Psychotherapie. Wir vermitteln bei Bedarf ebenfalls in andere Maßnahmen, wie z.B. Betreutes Wohnen.

Wie offen wird über den Tod gesprochen?

Das hat wahrscheinlich viel mit unserer westlichen Art zu tun, wie wir mit dem Thema Tod umgehen. Wir leben so, als wenn es den Tod nicht gibt. Gleichzeitig ist es das was uns alle verbindet und trotzdem verdrängen wir es kollektiv. Es wird offen über den Tod gesprochen, wenn die Klientinnen und Klienten dies möchten. Ich erlebe es tatsächlich auch, dass plötzlich bei der Diagnose ein Lebenswille entwickelt und der Ballast abgeworfen wird.

Zu guter Letzt, was empfehlen Sie, wie man mit der Diagnose Krebs umgeht, wenn bspw. ein Kollege, eine Kollegin betroffen ist?

Jeder Mensch ist individuell. Es gibt Menschen, die keinen Kontakt haben wollen. Was immer hilft ist die Person direkt so anzusprechen: „Ich würde mich gerne öfter melden, aber weiß nicht, ob ich das soll/darf.“ Das Gegenüber wird in den meisten Fällen erleichtert sein und formulieren, was es will. Oft fehlt dem Betroffenen die Kraft, dass von sich aus dem Umfeld zu vermitteln.

Terminvereinbarung

Ein Beratungstermin erfolgt über die Hauptstelle der Krebsberatungsstelle Köln, wo Anfragen persönlich, telefonisch: 0221 478-97184 oder per E-Mail entgegengenommen werden. Neben der Hauptstelle wird die Anfrage je nach Wohnort der Ratsuchenden an die am besten zu erreichende Stelle (Hauptstelle oder Außenstelle) weitergeleitet. Eine Telefon- oder Videoberatung ist auch möglich.

Die Beratungen finden im Hauptsitz der Diakonie Michaelshoven, Pfarrer-te-Reh-Str. 1, 50999 Köln statt.

Anne Demir ist Sozialpädagogin und hatte sich auf die Arbeit mit psychisch kranken Menschen spezialisiert. Sie hat eine verhaltenstherapeutische Zusatzausbildung und einen Master in Suchttherapie absolviert. Sie war lange Zeit als Therapeutin in der stationären Rehabilitation für suchtkranke Menschen tätig. Später absolvierte Anne Demir eine Weiterbildung zur Psychoonkologin und begann zuerst ihre Tätigkeit in der Psychoonkologie an der Uniklinik Köln und wechselte dann zur Krebsberatung Köln.

Der Verein LebensWert e.v. ist Träger der Krebsberatung Köln und Förderverein für die Psychoonkologie an der Uniklinik Köln. Die Krebsberatung verfügt über mehrere Außenstellen im Kölner Stadtgebiet, einschließlich der Hauptstelle an der Uniklinik und weiteren Standorten wieRodenkirchen, Kalk, Westhoven, Hohenlind, Longerich, Holweide und Ehrenfeld.

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Die Diakonie Michaelshoven legt großen Wert darauf, ihren Mitarbeitern vor Ort eine umfassende Beratungsmöglichkeit anzubieten. Aus diesem Grund unterstützen wir das Sponsoring der Räume als eine Maßnahme des Betrieblichen Gesundheitsmanagements.

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